Im Januar erhielt ich ein Angebot für den «London Half», der auch über die berühmte Tower-Bridge führt. Da zögerte ich nicht lange und meldete mich an. London ist immer eine Reise wert. Nicht zuletzt freute ich mich darauf, meine englischen Freunde wieder einmal treffen zu können.
Schliesslich war dann der London Half eine der wenigen Laufveranstaltungen, die überhaupt noch stattfinden konnten. Das berüchtigte Corona-Virus war in England noch kaum aufgetreten; es galten nur die einfachsten Verhaltensregeln. Auch auf die Auswirkungen des «Brexit» wurde am London City Airport hingewiesen: In Grossbritannien wohnhafte EU und Schweizer Staatsangehörige sollen sich rechtzeitig um ihre Rechte kümmern. London empfing uns zuerst mit garstigem Wetter. Der Regen hörte aber bald auf. Unser Hotel lag genau neben der Tower-Bridge und auch gleich beim Start. Gerade winterfest schien es (oder dessen Heizung) allerdings nicht zu sein. Als nicht UK-Wohnhafte konnten wir unsere Startnummer gleich im Hotel abholen; ganz unkompliziert, fast wie an einem kleinen Lauf.
Am Sonntag blieb noch etwas Zeit für allerlei Fotos und Spass auf der Tower-Bridge. Beim Warten im Startblock wünschte man sich, der Schatten möge möglichst bald der Sonne weichen.
Nach dem Start war die Strecke für die vielen Läufer anfänglich sogar etwas eng. Sie führte zuerst nördlich der Themse in einer Schlaufe nach Osten und via Canary Warf zurück zum Start. Nach Kilometer 3 wurde der etwa 1 Kilometer lange «Limehouse Link» Tunnel durchquert. Erst beim nachträglichen Blick auf die Karte wurde klar, dass dieser nicht schnurgerade, sondern S-förmig verläuft. Jetzt konnte auch die Jacke ausgezogen werden; ich war mit Jacke, Kappe und sogar Handschuhen gestartet. Ein erstes Highlight war das Durchqueren von Canary Warf. Hier entstand in den letzten Jahrzehnten das neue Geschäftszentrum mit den Wolkenkratzern. Weil es hier eine Wechselzone für Staffelläufer gab, sorgten auch viele Zuschauer für gute Stimmung.
Der Höhepunkt war sicher die Überquerung der Themse über die berühmte Tower-Bridge, von Nord nach Süd; somit in umgekehrter Richtung als am London Marathon. Dies etwa in der Hälfte der Strecke. Weiter ging es, ziemlich den Schlaufen der Themse folgend, bis zum Ziel in Greenwich. Der Zieleinlauf erfolgte in einer Schlaufe um das Segelschiff «Cuty Sark». Auf der letzten Meile, vor dem Ziel, standen die anfeuernden Zuschauer dicht gepackt. Sollte man jetzt noch ein paar Sekunden schinden oder die Stimmung geniessen? Ich entschied mich für einen Mittelweg, denn ich hatte mich bereits vorher entschieden, vorsichtshalber nicht am Limit zu laufen.
Nach dem Zieleinlauf gab es leider eine lange Warterei im kalten Wind in einer Schlange im Park vom Royal Naval College. Wenigstens konnte ich mich wieder so anziehen, wie ich gestartet war, denn das Gepäck gab es erst nachher zurück. Die Organisatoren haben sich auf ihrer Homepage denn auch für diese Situation entschuldigt und wollen das besser machen. Für einen anschliessenden Besuch des Open-Air-Festivals im grossen Park von Greenwich war es viel zu kalt, trotz strahlender Sonne.
Greenwich strahlte seine bekannte, kleinstädtische Gemütlichkeit aus. An diesem Sonntag wurde es aber ziemlich eng in den recht schmalen Strassen. Um zur Themse zu gelangen, musste die Laufstrecke überquert werden. Nochmal Geduld war daher erforderlich. Dafür konnte ich den Zieleinlauf vom «Eiffelturm» verfolgen. Auffällig war dieser Läufer nicht nur wegen seines stabil konstruierten Kostüms; manche wussten auch, dass der Halbmarathon in Paris nicht hatte stattfinden können.
Wie viele andere fuhr ich dann mit einem «Thames Clipper», einem grossen Katamaran, zurück zum Tower of London und damit zum Hotel. Mir fiel gleich auf, wie schnell diese beschleunigen. Mit der GPS-Uhr konnte ich eine Geschwindigkeit von fast 55km/h messen. Der Rückweg war gleichzeitig gutes Sightseeing, und auch die eine oder andere Unterhaltung mit anderen Läufern ergab sich fast wie von selbst.
Rund 16'000 liefen ins Ziel des Halbmarathons: 7338 Läuferinnen und 8647 Läufer wurden klassiert. Auch die 4er-Staffel und die Einsteiger-Strecke über die letzten 2.3 Meilen wurden gelaufen.
Bei den Männern stellte Kenenisa Bekele einen neuen Streckenrekord auf über die 21.1km. Der Lauf sollte auch der Vorbereitung auf den London Marathon im April dienen. Dieser wurde aber inzwischen auf den Oktober verschoben.
Die Schnellen in der Gruppe, mit der ich nach London gereist war, meinten, die Strecke gehöre zu den langsameren, so wie sie es erwartet hätten. Auch in Startblocks hinter ihnen habe es offensichtlich viele noch schnellere Läufer gehabt.
Mit meinem vorsichtigen Lauf war ich sehr zufrieden.
Die Schnellsten:
Kenenisa BEKELE ETH 1. 1:00:22
Chris THOMPSON GBR 2. 1:01:07
Jake SMITH GBR 3 . 1:02:00
Lily PARTRIDGE GBR 1. 1:10:50
Samantha HARRISON GBR 2. 1:11:01
Stephanie DAVIS GBR 3. 1:11:15
Lauf-Treff Buchs:
Bernhard Vögeli: 2:11:27 - Rang AK 187/213, Rang M 6853
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